Die Forschung ist der Grundstein der Weiterentwicklung neuer Therapiemöglichkeiten. Grundlagenforschung und klinische Forschung sind für die Weiterentwicklung der Therapiekonzepte unabdingbar. Um in der Transplantationsmedizin herausragende Ergebnisse in den Bereichen Krankenversorgung, Forschung und Lehre zu gewährleisten, arbeiten sämtliche beteiligte Fachdisziplinen eng zusammen. 

Wissenschaftliche Arbeiten in der Transplantationsmedizin

Die Transplantationsmedizin hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht: Organe können in vielen Fällen erfolgreich verpflanzt und dadurch Leben gerettet werden. Trotz des medizinischen Fortschrittes ist die Überlebensdauer der Transplantate jedoch nach wie vor begrenzt, und Komplikationen und Nebenwirkungen beeinträchtigen den Langzeitverlauf.

Ein wesentliches Ziel der universitären Transplantationsmedizin ist daher die Weiterentwicklung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren, die eine bessere Behandlung der Patient*innen ermöglichen. Das Ziel, Zusammenhänge in der Transplantation besser zu verstehen und die Transplantationsmedizin stetig zu verbessern, spiegelt sich in unseren Forschungsgebieten wider. Den Grundstein dafür bilden ein aktives Forschungsprogramm mit Integration aller beteiligten klinischen und wissenschaftlichen Fachrichtungen sowie die Beteiligung an nationalen und internationalen Projekten und Studien, um zukunftsweisende Fragestellungen der Transplantationsmedizin zu beantworten. Die enge Verknüpfung der klinischen Tätigkeit und der universitären Forschung ermöglicht einen raschen Transfer der gewonnenen Forschungserkenntnisse in die Klinik zum Wohle unserer Patient*innen.

Molekulare Diagnostik

Spenderorgane fordern das Immunsystem der Empfänger*innen mit ihren fremden Eiweißen (Antigenen) zu einer Immunantwort heraus. Das Gewebe wird attackiert und schlimmstenfalls zerstört. Dafür produzieren die Empfänger*innen Immunzellen, die z.T. wiederum zerstörerische Antikörper ausschütten. Um Immunreaktionen rechtzeitig zu erkennen und zu stoppen, werden nach der Transplantation Gewebeproben aus dem Spenderorgan entnommen und von Patholog*innen unter einem herkömmlichen optischen Mikroskop untersucht. Liegt eine Abstoßungsreaktion vor, so wird die Dosis der Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppressiva), die dauerhaft von transplantierten Patient*innen eingenommen werden, erhöht oder es kommen andere Medikamente zum Einsatz. Die herkömmliche Gewebeuntersuchung unter dem Mikroskop ist aktuell der Goldstandard in der Diagnostik. Allerdings zeigt sie nur die relativ spät auftretenden Folgen von Immunreaktionen im Gewebe an, nicht aber deren Beginn oder zugrundeliegenden Mechanismus. Auch das Ausmaß der Aktivität der Schädigung lässt sich nicht erfassen, prognostische Aussagen sind daher nur sehr eingeschränkt möglich.

Genaktivitäten dagegen lassen sich genau messen. Je aktiver ein Gen ist, desto mehr Boten-RNS (messenger-RNA) produziert es. Mit Hilfe von Genmustern können die Abstoßungsreaktionen im Gewebe besser klassifiziert und ihre Aktivität besser beurteilt werden. Sie können so die Entscheidungen für die Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten unterstützen. Mit Hilfe von Algorithmen können Risiken berechnet und Empfehlungen für die Therapie erarbeitet werden, die das Langzeitüberleben der Spenderorgane verbessern.

In Zusammenarbeit mit dem Alberta Transplant Applied Genomics Centre der University of Alberta, Kanada und einem internationalen Konsortium von kooperierenden Transplantationszentren konnte die Untersuchung dieser Genmuster mittlerweile als diagnostisches Verfahren etabliert werden. Es ist international bereits im klinischen Einsatz. In Deutschland wird es derzeit nur innerhalb von klinischen Studien eingesetzt. Das Team der UMG setzt sich in Zusammenarbeit mit einem europäischen Konsortium dafür ein, diese Diagnostik den Patient*innen der UMG zur Verfügung zu stellen.

Virusspezifische T Zellen

Das BK-Virus ist ein opportunistisches Pathogen, das vor allem immungeschwächte Patient*innen infiziert und ein besonderes Problem in der Nierentransplantation darstellt. Eine Ausbreitung dieses Virus unter Immunsuppression kann zu einer Schädigung der transplantierten Niere und im schlimmsten Fall zu einem vollständigen Verlust der Transplantatfunktion führen. Es gibt keine spezifische Therapie; einzig mögliche therapeutische Maßnahme ist eine Reduktion bzw. Umstellung der Immunsuppression mit dadurch bedingtem erhöhten Risiko für eine Abstoßung. Es gibt bislang keine übereinstimmenden Protokolle für das Vorgehen bei einer solchen Infektion und wenig Möglichkeiten für das Monitoring des therapeutischen Erfolges. Wir untersuchen daher, ob die Messung von virusspezifischen T-Zellen eine bessere Einschätzung der Immunantwort erlaubt und somit zur Optimierung des Managements dieser Patient*innen beitragen kann.

Klinische Transplantationsforschung

Einen Schwerpunkt unserer Arbeit stellt die Verbesserung der Langzeitergebnisse nach Nierentransplantation durch Analyse von klinischen und paraklinischen Einflussfaktoren auf das Patienten- und Transplantatüberleben sowie die Lebensqualität vor und nach Nierentransplantation dar. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung immunologischer und nicht-immunologischer Faktoren, die für den langfristigen Erhalt der Nierenfunktion, aber auch für das Patientenüberleben und die Lebensqualität wichtig sind. Weiterhin untersuchen wir Allokationsstrategien und die Implementierung unterschiedlicher Prädiktionsmodelle sowie Scorings-Systeme in der Transplantationsmedizin.

Untersuchungen zur Nierenlebendspende

Beteiligung am Deutschen Lebendspende-Register:

Die Datenlage zu Langzeitergebnissen nach Nierenlebendspende hat sich in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert. Diese Daten stammen jedoch überwiegend aus anderen Ländern; für Deutschland gab es bislang keine systematische Erfassung der Ergebnisse nach Nierenlebendspende. Für eine optimale Nutzen-Risiko-Abwägung und Beratung der potentiellen Spender*innen sowie die optimale Nachsorge nach Lebendspende benötigen wir detailliertere Informationen über die Ergebnisse der Nierenlebendspende in Deutschland. Das Deutsche Lebendspende Register SOLKID-GNR (Safety of the Living Kidney Donor – The German National Register) hat sich zum Ziel gesetzt, die Einschätzung der medizinischen und psychosozialen Spenderrisiken im Langzeitverlauf im deutschen Gesundheitssystem zu verbessern. Durch die systematische und prospektive Datenerfassung vor und möglichst lebenslang nach der Lebendnierenspende soll ein spezifisches Risikoprofil/ Score entwickelt werden, dass bereits vor der Spende diejenigen Lebendnierenspender*innen identifiziert, die ein erhöhtes bzw. zu hohes Risiko für ein negatives psychosoziales und medizinisches Outcome aufweisen. Bei den betroffenen potentiellen Spender*innen können somit die Aufklärung und der Einwilligungs-Prozess individuell angepasst und verbessert werden. Darüber hinaus können maßgeschneiderte Maßnahmen vor der Lebendspende und in der Nachsorge zur Risikoreduktion, Verbesserung der Morbidität und der Langzeitprognose der LKD implementiert werden. Das Team der UMG unterstützt das Lebendspenderegister; wir bieten Spender*innen eine Teilnahme an. Die elektronischen Fragebögen werden in der Transplantationsambulanz im Zuge der Vor- und Nachsorgeuntersuchungen zur Lebendspende erhoben.

Psychosomatische Aspekte der Nierenlebendspende (Kooperation Medizinischen Hochschule Hannover):

Einzelne Nierenspender*innen weisen nach der Spende eine anhaltende Leistungsminderung auf (Fatigue), die Auswirkungen auf den Alltag hat und die Lebensqualität beeinträchtigt. Die Ätiologie dieser Fatigue Symptomatik ist unbekannt und der Zusammenhang mit der Spende bislang wissenschaftlich nicht eindeutig nachgewiesen. Entsprechend sind auch die Risikofaktoren für das Auftreten der Fatigue Symptomatik nicht bekannt. In einem Kooperationsprojekt mit der Medizinischen Hochschule Hannover führen wir eine prospektive Untersuchung von Lebendspendern durch, um mehr Erkenntnisse zum Fatigue-Syndrom zu bekommen. Das langfristige Ziel dabei ist es, Risikofaktoren zu definieren und Strategien für eine frühzeitige und effektive Intervention zu entwickeln.

Klinische Arzneimittelstudien

Arzneimittelstudien tragen dazu bei, die Transplantationsmedizin weiterzuentwickeln. Wir prüfen die Protokolle solcher Studien stets sehr sorgfältig und befürworten eine Teilnahme unserer Patient*innen nur dann, wenn wir das zu prüfende Medikament für vielversprechend und den Einsatz im Rahmen des Studienprotokolls für sicher halten. Patient*innen, die für eine solche Studie in Frage kommen, sprechen wir gezielt an und bieten die Teilnahme an einer solchen Studie an. Wir informieren Sie dann umfangreich über die Vor- und Nachteile der Studie. Eine Teilnahme ist stets freiwillig und niemals Bedingung einer Behandlung an unserem Transplantationszentrum.

Folgen Sie uns